Ein Hoch auf das Unausgesprochene

Der Vollmond leuchtete hell über der kleinen, malerisch schönen, Stadt im Süden Österreichs, als ein lauter Ruf die einsame Stille eines, so gut wie leeren, Nachtlokals zerfetzte. So gut wie leer heißt, dass die einzigen Lebewesen, die nicht acht Beine hatten und unter der Theke kletterten, der Wirt, der Rufende und ich waren.
„So sieht man sich wieder Josef!“
Ich drehte mich um, obwohl ich gar nicht Josef hieß, jedoch hatte der Unbekannte so laut geschrien, da hätte sich jeder umgedreht, nur das jeder eben nicht da war und der alte Wirt Willhelm Willfried in der Ecke stand und Gläser abtrocknete.
„Guten Abend alter Freund.“, sagte der Fremde und warf mir einen freundlichen Blick zu.
„Guten Abend.“
„Was eine Nacht, nicht wahr?“ Er warf sich auf den Barhocker neben mir, legte seine breiten Hände auf den Tisch und drehte die Daumen.
„Willi, sei so gut und gib mir doch mal ein Glas des Üblichen.“ Der Greis legte das Geschirrtuch beiseite, kramte einen Amarone della Valpolicella hervor, goss in ihn in ein passendes Glas bis zum Rand und stellte es dem Unbekannten hin.
„Danke dir mein Lieber.“, sagte der Fremde, stürzte sich den gesamten Glasinhalt in einem Zug hinunter, holte tief Luft und wandte sich zu mir. „Wie ist es Ihnen ergangen?“
„So wie immer schätze ich.“, antwortete ich.
„Noch immer ein alter Romantiker, was?“, sagte er und lächelte schief. „Wissen Sie, ich muss zugeben ich habe Ihresgleichen nie verstanden. Erklären Sie mir das alter Freund: Wenn jede Blume eines Tages das zeitliche segnet und jede noch so schöne Schachtel Pralinen ein Ablaufdatum besitzt, für was dann die Mühe?“
„Interessante Ansicht.“, antwortete ich scherzhaft und nippte an meinem Rotgipfler.
„Ich darf doch auf eine ebenso interessante Antwort hoffen?“
„Nun, es ist zwar richtig das jede Blume einmal verwelkt, doch es geht um die Geste denke ich. Es ist ein Zeichen von Wertschätzung und Anerkennung.“
„Besitzt Ihre Anerkennung ein Ablaufdatum?“, antwortete er und wandte seinen Kopf wieder dem Tresen zu.
„Selbstverständlich nicht, Sie haben mich falsch verstanden. Ich meinte damit jemanden Blumen zu schenken ist sowas wie ein internationaler Wink mit dem Zaunpfahl für romantisches Interesse.“
„Also weiß ihre Zielperson gar nichts von Ihrem romantischen Interesse und wird dann mit einem zehn Euro Blumenstrauß aus dem nächsten Supermarkt überfallen?“
„Eine Geliebte als Zielperson zu bezeichnen finde ich etwas brutal. Außerdem wissen Sie doch, dass man auch Blumen beim Botaniker erwerben kann.“, erwiderte ich.
„Verstehe, also definiert der Preis des Unkrauts, die Höhe des Interesses?“
„Sie wollen es nicht verstehen, oder?“
„Sie wollen es nicht erklären, oder?“, sagte er und kaute auf seiner Unterlippe. Da saßen wir beide an der Theke nebeneinander, mit sturem Blick nach vorne gerichtet. Nach einiger Zeit kam der Wirt und füllte unsere Gläser nach.
„Ich empfehle Ihnen gerne einige Bücher, die Ihnen möglicherweise beim Verstehen behilflich sein könnten.“, schlug ich vor.
„Reden wir von Sachbüchern?“
„Ich dachte eigentlich an Klassiker der Literatur wie Weiße Nächte von Dostojewski.“
„Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor Josef. Ich habe kein Problem beim Verstehen der Liebe. Meine Frage bezieht sich allein auf die Romantik.“
„Sie behaupten Sie wären der erste Mensch, der die Liebe versteht, aber die Romantik erscheint Ihnen rätselhaft? Sie sind mir ein Mysterium, möglicherweise sollte man ein Buch über Sie schreiben.“
„Ach die Schriftsteller, mein alter Freund jetzt hören Sie mir zu ich sage Ihnen was! Die Schriftsteller, Oho!“, er lachte laut los. „Die Schriftsteller, jaja die von sich selbst behaupten Sie hätten einzigartige Meinungen und Perspektiven und diese wären welt- und gesellschaftsverändernd, aber halt! Natürlich nur zu einem Preis von 9,99€!“, er zwinkerte mir zu. „Denn schließlich muss man doch auch von auch irgendetwas leben, nicht wahr?“
„Sie wissen das ich Autor bin, oder?“
„Was denken Sie denn warum ich es gesagt habe?“, sagte er, lachte heftig und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Zugegebenermaßen habe ich aber nie eines Ihrer Werke gelesen. Sie müssen wissen ich lese nicht gern.“
Ich schwieg und trank weiter meinen Rotgipfler, während er erneut begann auf seiner Unterlippe zu kauen.
„Woher kommen Sie eigentlich?“, fragte ich ihn nach einer Weile.
„Wahnsinn! Gute Frage Josef. Klar definiert und doch so undeutlich. Woher ich komme, wollen Sie also wissen? Naja, das Problem ist, das hängt ganz davon ab, auf welche Antwort Sie mit Ihrer Frage abzielen. Was genau wollen Sie denn wissen? Meine Nationalität? Meinen Wohnort? Den Standort meines Elternhauses? Woher meine Mutter kommt?“
„Ihre Nationalität oder die Ihrer Mutter ist mir vollkommen egal, Ihre Herkunft wollte ich wissen.“
„Nun, auch das ist nicht so einfach. Sie müssen nämlich wissen, alter Freund, die meisten Menschen verwechseln Herkunft und Heimat. Einige Bekannte von mir behaupten Sie würden einmal im Jahr in die Heimat fahren, aber wenn ich Sie dann frage, was Sie damit meinen, erzählen Sie mir Sie meinen mit Heimat das Herkunftsland ihrer Mutter! Lustig, nicht wahr? Sie fahren also einmal im Jahr in die „Heimat“, kennen dort niemanden außer Verwandte, werden von den örtlichen Verkäufern über den Tisch gezogen, fühlen sich wie Touristen, aber erzählen mir stolz von den tollen Erlebnissen in der Heimat und was Sie alles hier vermissen. Und immer, wenn Sie mir dann davon erzählen, wissen Sie was ich dann mache? Ich muss laut lachen, weil diesen Personen nicht bewusstwird, dass sie von ihrer „Heimat“ haargenau gleich berichten, wie wenn Sie von ihrem drei Tage Trip nach Venedig erzählen!“ Er lachte so heftig, dass ihm die Tränen kamen.
„Ich verstehe Ihre Bekannten. Es ist zwar die Heimat ihrer Eltern, dennoch ist es auch die ihrige. Verstehen Sie nicht, in jedem Land sind die Traditionen sowie Feste unterschiedlich. Es fühlt sich bestimmt gut an zu vertrauten Umgangsformen zurückzukehren, irrelevant ob Sie dort jemanden kennen oder nicht.“
„Ist Ihnen bewusst Josef, dass ihre Argumentation genauso gut in die gegengesetzte Richtung funktioniert?“, fragte er mich und klopfte mehrmals auf den Tisch. „Willy bring mir doch eins deiner saftigen Schnitzel bitte, das viele Reden hat mich ganz hungrig gemacht!“
Der Wirt trotte in die Küche und kam wenig später mit dem gewünschten Essen zurück.
„Eine Frage alter Freund, wie halten Sie es mit dem Essen?“, fragte er mich mit ernstem Blick und schob sich ein großes Stück Schnitzel in den Mund.
„Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“
„Stopfen sich immer noch tagtäglich Tierleichen in den Rachen, was?“
„Wie bitte?“
„Naja Sie sind doch intelligent oder nicht? Sie werden ja wohl wissen, wo das Fleisch herkommt.“
„Natürlich weiß ich das, dennoch finde ich Ihre Ausdrucksweise recht makaber.“
„Sagen wir doch Du, oder nicht? Sie ist mir irgendwie unangenehm.“, schlug er vor. „Diese alten Höflichkeitsformen verwendet man doch nur am Hörer, wenn man in der Arztpraxis anruft und irgendwelche Damen abheben, bei denen man sich nicht sicher sein kann, ob sie zu viel geraucht haben oder achtzig sind oder, naja, beides.“
„Wir bleiben lieber beim Sie.“
„Wie Sie wünschen Josef. Aber was ist jetzt mit dem toten Zoo zwischen Ihren Beißern?“, fragte er und zerkaute mit offenem Mund sein Schnitzel.
„Sind Sie sich darüber im Klaren, dass Sie selbst gerade Fleisch konsumieren? Außerdem könnten Sie diese Ausdrucksweise lassen?“
„Könnten Sie die Ablenkungen lassen?“
„Ja ich esse Fleisch, falls Sie das hören wollen.“
„Naja die Frage ist nicht, ob ich das hören will, sondern ob Sie das hören können mein Freund. Warum denken Sie denn, dass Sie Fleisch essen? Sie sehen ziemlich verdutzt aus, lassen Sie mich Ihnen doch auf die Sprünge helfen: Sie essen es, weil Sie es immer getan haben, sozusagen weil Sie damit im Mund aufgewachsen sind, wie mit dem Schnuller, nicht wahr? Das ist doch eine sehr treffende Formulierung finde ich. Oder nein warten Sie, wahrscheinlich auch noch aus Bequemlichkeit, richtig? Sie müssen nicht wirklich nachdenken, was Sie kaufen, kochen oder bestellen, Sie essen doch sowieso alles, richtig?“
„Erstens muss ich Sie auf Ihren Ton hinweisen. Sehr unhöflich einfach solche Vermutungen in den Raum zu werfen.“
„Ich habe Ihnen doch gesagt, von heuchlerischer Höflichkeit halte ich nichts.“
„Zweitens denke ich sehr wohl darüber nach, welche und wo ich Lebensmittel kaufe.“
„Ist ja der Wahnsinn. Wie kommts?“
„Ich esse grundsätzlich nur Bio.“
„Sie sind ein tapferer Ritter. Sie sehen mich an, als wollten Sie mir sagen ich solle mich nicht über Sie lustig machen, aber ich muss Ihnen sagen, dass tue ich gewiss nicht! Nein, ganz im Gegenteil ich bewundere Sie. Ich bin mir sicher, wenn ich ein Tier wäre, sagen wir mal eine Kuh, und mehr als einen Quadratmeter Platz zum Leben hätte, wäre ich Ihnen sicher auch sehr dankbar. Naja, wahrscheinlich eigentlich nicht. Sie müssen nämlich wissen, alter Freund, dass man grundsätzlich Dinge nicht schätzt die man als selbstverständlich nimmt, zumindest nicht, bis sie weg sind. Ich, also nicht ich, sondern ich als Kuh wäre Ihnen dann nicht dankbar, weil ich dann denken würde, dass so viel Platz, dass man sich sogar umdrehen kann, für Lebewesen eigentlich selbstverständlich ist. Wenn Sie also wollen, dass ich Ihnen dankbar bin, alter Freund, müssen Sie mich in eine Massentierhaltung stecken und wenn ich dann fast am Platzmangel und den schrecklichen Lebensbedingungen verreckt bin, auf einen Biohof bringen. Ich garantiere Ihnen dann wäre ich Ihnen sicher dankbar. Aber halt! Vergessen Sie mich bloß nicht auf dem Massentierhaltungshof! Sie müssen nämlich wissen das dämliche daran eine Kuh zu sein ist, dass man die Möglichkeit zum Selbstmord nicht hat! Manche Menschen behaupten das wäre ein Privileg, aber die waren ja auch noch in keiner Massentierhaltung. Andererseits wäre das eine sehr interessante neue Freizeitbeschäftigung, oder nicht? Überlegen Sie doch mal: Anstatt ins Kino oder Theater zu gehen, begibt man sich selbst für einige Stunden in Massentierhaltung, sozusagen in Massenmenschhaltung und ich versichere Ihnen Sie sind danach ein anderer Mensch als vorher!“ Er lachte so heftig, dass er beinahe vom Hocker geflogen wäre.
„Schauen Sie doch nicht gleich so böse! War doch nur ein Scherz.“
„Das will ich hoffen.“
„Dann würden wir nämlich Probleme mit den Menschenrechtlern bekommen.“
„Ich glaube Ihnen ist gar nicht bewusst, was Sie reden.“
„Ich glaube Ihnen ist gar nicht bewusst, was Sie essen.“
Ich atmete tief durch und sah ihn an, wie er da saß, fröhlich auf seinen Sessel hin und her rutschend, zwischendurch mal ein Lied pfeifend, ohne darauf zu achten ob sein Mund gerade voll war, so dass hin und wieder kleine Stückchen vom Schnitzel durch die Luft flogen.
„Ich frage Sie noch einmal: Sind Sie sich bewusst dass Sie selbst gerade in diesem Augenblick Fleisch zu sich nehmen?“
„Ja das haben Sie ganz richtig erkannt.“, sagte er mit offenem Mund.
„Aber Sie belehren mich über meinen Fleischkonsum?“
„Auch das ist Ihnen hervorragend aufgefallen.“
„Erkennen Sie nicht die Doppelmoral?“
Er erhob seinen Kopf und sah mich fragend an. „Doppelmoral? Aber nein alter Freund, das ist doch keine Doppelmoral. Wer hat denn behauptet ich könnte nicht rechtfertigen mir Tierkadaver in dem Mund zu stopfen?“, erklärte er und beugte sich wieder mit dem Gesicht über den Teller, der beinahe leergefressen war.
„Und Ihre Rechtfertigung wäre?“
„Ha! Das wüssten Sie wohl gern, was Josef? Aber hoffen Sie nicht, die werde ich Ihnen bestimmt nicht verraten, sonst würden Sie nämlich meine übernehmen und dann friedlich weiterleben mit einer Überzeugung, bei der Sie nicht mal im Stande waren, selbst draufzukommen.“
„Das klingt nach einer Ausrede.“
„Alles klingt nach einer Ausrede, wenn man es falsch versteht.“, sagte er und schob sich das letzte Stück Schnitzel in dem Mund.
Wir schwiegen eine Weile und beobachteten die orangefarbene Katze des Wirtes die mit einem leichten Sprung auf den Tresen hüpfte. Sie stolzierte in unsere Richtung und machte vor meinem Gesicht halt, als würde sie mich auffordern wollen sie zu streicheln. Langsam fuhr ich mit der Hand über ihr weiches glattes Fell und erntete intensives Schnurren als Zuneigung.
„Jaja die Mietzen.“, sagte mein Sitznachbar. „Da fängt man schon mal an nachzudenken. Wo endet das Haustier und beginnt das Essen? Könnte Sie Herr Strubbel hier essen?“
Mit purer Arroganz hob das junge majestätische Wesen seinen Kopf empor und ließ seine smaragdgrünen Augen funkeln. Das feuerrote Fell umkleidete seine Präsenz wie der Umhang eines Königs.
„Auf keinen Fall. Verstehen Sie mich nicht falsch ich verabscheue Katzen und ihre arrogante illoyale Art, aber essen könnte ich sie nicht.“, antwortete ich.
„Bei Katzen ziehen Sie also einen Schlussstrich.“
„Sieht so aus.“
„Kann ich Sie was fragen?“
„Sie tun es ja ohnehin.“
„Sie könnten also keine Katze und damit auch wahrscheinlich keinen Hund verspeisen, aber mit Kühen haben Sie dennoch kein Problem. Ich frage mich, woher das rührt. Sind Ihnen die Bauernviecher nicht niedlich genug? Was wäre, wenn auf den Tresen ein junges Kalb liegen würde? Haben sie schon mal Käber gestreichelt? Ich garantiere Ihnen, das ist eine sehr empfehlenswerte Erfahrung alter Freund.“
„Ich glaube nicht, dass ich mich an dem Fleisch eines Kalbes, einer Kuh oder sogar eines Schweines vergehen könnte, wenn es vor mir auf dem Tresen liegt.“
 „Wollen Sie damit behaupten Sie könnten gar keine Tiere töten?“, fragte er und sah mich durchdringlich an.
„Als ich ein Junge war musste ich bei einem Familienfest dabei zusehen wie eine Kuh geschlachtet und ausgenommen wird, selbst beim Zusehen wurde mir übel und ich musste den Raum verlassen.“
„Nachvollziehbar. Aber Josef, ist es für Sie in Ordnung das Tier zu essen, weil es ein anderer geschlachtet hat?“
„Ich habe das Fleisch der Kuh nicht angerührt.“
„Obwohl Sie nur zugesehen haben?“
„Obwohl ich nur zugesehen habe.“
„Sie können also weder die eigene Hand gegen die Viecher erheben noch bei ihrer Ermordung anwesend sein, aber trotzdem kaufen Sie gedankenlos in Plastik verschweißte Tierleichen, oder bestellen sie im Gasthaus?“ Er brach erneut in ein lautes Lachen aus.
„Dennoch denke ich, dass gerade wenn man Familienvater ist, in den richtigen oder besser gesagt falschen Situationen bereit ist so gut wie alles zu tun, für sich selbst oder dem Wohle der Familie.“
„Aber mein Gott! Natürlich ist das so, dass der Mensch in der Not dazu in der Lage ist schreckliche Dinge zu tun, dass ist gar nicht zu bestreiten. Aber Sie haben da einen Punkt außer Acht gelassen alter Freund, also sagen Sie mir was aßen Sie heute zu Mittag? Nein es ist unnötig zu fragen, denn selbst wenn es nicht zu Mittag war, dann war es beim Frühstück oder zwischendurch oder beim Abendessen! Sie haben heute bereits Fleisch gegessen, das erkenne ich allein an Ihrem Gesichtsausdruck! Und da frage ich Sie nun:“, er zwinkerte mir mehrmals zu, „War die Situation, in der Sie es gegessen, wirklich so lebensbedrohlich? Konnten Sie sich in dieser Lage nicht anders helfen? Denn wenn ja, täte mir das sehr leid und ich will sofort verstummen. Aber wenn nicht, dann kommen Sie mir nicht mit diesem dämlichen Totschlagargument, dass unter bestimmten Umständen jeder zu bestimmten Handlungen bereit wäre.“
Wir schwiegen eine Weile und widmeten uns wieder der Tätigkeit des Geradeausstarrens.
„Ich habe auch eine Frage an Sie.“, sagte ich nach einiger Zeit.
„Bitte fragen Sie nur!“
„Wenn ich das Tier selbst erlegen hätte können, wäre es für Sie eine Rechtfertigung gewesen?“
„Wäre es für Sie eine Rechtfertigung gewesen Josef?“
„Ehrlich gesagt ich denke ja. Nur weil ich nicht dazu fähig bin, heißt das nicht das es andere nicht sind.“
„Wenn Sie im Stande wären, und bei Gott ich hoffe Sie sind es nicht, andere Menschen abzumurksen und zu essen, würden Sie dies ebenfalls als moralisch rechtfertigbar sehen?“
„Wollen Sie etwa Tier und Mensch gleichstellen?“
„Wollen Sie etwa wieder der Frage ausweichen?“
„Sie vergessen wohl dass, selbst wenn Menschen wie ich keine Tiere eigenhändig töten können, dass der Mensch grundsätzlich an der Spitze der Nahrungskette steht.“
„Also wollen Sie damit sagen, dass das Tier an der Spitze, sprich das mächtigste, also der Mensch, auch dazu berechtigt ist alle unteren Mitglieder zu verschlingen, nur weil er über Ihnen steht?“
„Ich wüsste nicht was dagegen spricht.“
„Sagen Sie haben Sie Kinder alter Freund?“
„Einen Sohn, warum?“
„Wie alt ist ihr Sohnemann?“
„Nächsten März wird er fünf.“
„Würden Sie behaupten dass Sie stärker als ihr Sohn sind?“
Ich schwieg einen Moment.
„Ich verstehe nicht worauf Sie hinauswollen.“
„Unsinn meine Worte sind leicht zu verstehen, nur schwer zu hören. Sie sind stärker als ihr noch nichtmal fünfjähriger Sohn und sind damit auch mächtiger als dieser. Und trotzdem haben Sie ihn noch nicht gegessen, wie kommt das?“
Ich schwieg weiter.
„Eine wirklich interessante Frage, denn Ihre Interpretationen Josef, sind leider alle komplett falsch. Das mächtigste und intelligenteste Tier, das an der Spitze der Nahrungskette steht, hat nicht das Recht jeden zu verspeisen, was es will, sondern es hat als einziges die Freiheit, sich auszusuchen wen und was es verschlingt.“

Josef Mond

Josef Mond’s kurze, meist philosophisch angehauchte Texte werden unter dem einheitlichen Namen “Schläfrige Gedanken” zusammengefasst.

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